An einem schönen November Montag habe ich frei genommen und bin ans Wasser gefahren. Ich hatte mir alles so schön vorgestellt. Nachdem ich in letzter Zeit gut gefangen habe, rechnete ich fest mit mindestens einem Hecht. Den wollte ich fotografieren und hätte dann stolz vermelden können, dass die Fische montags immer besser beißen als sonntags, ein Phänomen, welches berufstätigen Sportsfreunden nur zu gut bekannt ist. Aber es kam anders:

Sofort viel mir auf, dass das Wasser am Kanal meiner Wahl extrem klar geworden ist. Der Gewässergrund ist zwar dunkel, aber man konnte noch in zwei Meter Wassertiefe Äste und Laub auf dem Grund erahnen. Immerhin bin ich Spinnfischen nach einem knappen Jahr soweit drin, dass mir Zweifel kamen, ob die Erfolgswaffe der letzten Wochen weiterhin funktionieren würde. Nachdem ich einige Standplätze mit einem Spinner #1 abgeklopft habe, wurde es zur Gewissheit: Das geht nicht. Auch alle nervigen kleinen Barsche waren weg. Also einen Gummifisch in 3“ montiert, und langsam eingeleiert. Die nächsten Standplätze gaben wieder nichts. Also auf Crankbait gewechselt und wieder nix. Verdammt. Stulle gefuttert, Tee aus dem besten Thermosbecher der Welt getrunken, Snus eingelegt und nachgedacht.

Die Barsche sind weg, sie müssen also abgewandert sein. Der Fall von 20 Winz-Barschen am Tag auf 0 Winz-Barsche lässt sich nicht anders erklären. Also haben sich die Bedingungen grundsätzlich geändert. Amerikanische Forschungen legen den Schluss nahe, dass auch Hechte größere Wanderungsbewegungen unternehmen. Europäische Studien dazu kenne ich nicht, aber als Meerforellenfischer bin ich dieser Idee gegenüber jedenfalls aufgeschlossen. Alle Hechte sind aber garantiert nicht abgewandert, denn wir haben an diesem Gewässer auch im Winter gefangen, wenn auch nicht in der Schlagzahl wie in den letzten Wochen. Dazu viel mir auf, dass die starke Sonne parallel zum Wasserlauf stromab ins Wasser schien. Fische haben keine Polbrillen und stehen in der Regel mit dem Kopf stromauf im Wasser. Das bedeutet Gegenlicht (gratuliere, Dr. Watson). Möglicherweise hatten die Hechte sich einfach in den Schatten unter die Bäume am anderen Ufer gestellt.

Also GuFi in 5“ montiert und ans andere Ufer gepfeffert. Die Würfe kamen gut, nur die Hechte wollten nicht. Es war wie verhext. Da mir die Sonnen-Theorie plausibel vorkam, bin ich brav die 2 km zur nächsten Kurve gelaufen, wo hohes Schilf für Schatten bis zur Gewässermitte sorgte. Und dort kam der Biss. Bäm. Aber blieb nicht hängen. Nächster Wurf das gleiche Spiel und Nachläufer bis vor die Füße. Und das wars.

Und dann kam mir die Bombenidee für diese Artikel. Ich starte einfach einen neuen Selfie Trend: Das Frust-Selfie. Damit gibt es eine Grundlage für diesen Artikel und es besteht die Hoffnung: Shit goes viral.

Aber mal im Ernst: Ich bin nicht so unzufrieden. Immerhin habe ich die Bedingungen am Wasser schnell erkannt, in Realtime Theoriebildung betrieben und am Ende als Belohnung einen Biss bekommen. Das wäre wohl auch ohne Theorie gegangen, aber so macht zumindest mir die Fischerei mehr Spaß. Ich freue mich schon auf den nächsten Trip bei identischen Bedingungen, denn dann kann ich weiter an Lösungen für dieses Szenario feilen.

 


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