Jedes Jahr im Frühjahr und im Herbst werde ich rückfällig und suche mein altes Jagdrevier auf: Die Ostsee. Gleichzeitig treffe ich mich hier traditionell mit der Lappland-Crew Jesper, Morten, und seit diesem Jahr auch Leo. Selbstverständlich darf man bei 6 Fischtagen auf MeFo im Jahr nicht allzu hohe Erwartungen haben, aber niedriger als 1 Fisch/Tag als Messlatte schaffe ich nicht. Die Schlagzahl ist aber auch bei schechten Bedingungen nicht unrealistisch, wenn man sein Handwerk versteht. Rennt man in einen Schwarm und kloppt 4 Fische in 15 Minuten raus, hat man schon mehr als man muss, und das ist ein schönes Gefühl. Denn, um mich bei Ingo Karwath zu bedienen: Nur mit Meerforelle wird eine Meerforellentour zur Meerforellentour. Werfen kann man sonst auch im Garten üben.

Dies Jahr gab es die Extra-Challenge, Leo zu seiner ersten Fliegen-Meerforelle zu verhelfen. Andererseits ist das nur psychologisch besonders schwer, denn Spinnfischen auf MeFo ist ungleich schwerer. Außerdem waren wir an Plätzen unterwegs, die Jesper gut kennt. Und Jesper ist an der Küste eine Macht. So gut wie nie fange ich mehr als er. Besonders gut kann ich mich an einen Tag vor zwei Jahren erinnern, bei dem ich mit 11 Forellen weit abgeschlagen zweiter wurde. Bitte kein Mitleid, wir haben gebührend gefeiert.

Nach später Ankunft in Dänemark und obligatorischen Austausch (Wie ist die Fischerei? Wie läuft’s mit den Damen? Kinder u Job?) kamen wir extrem spät um 4 Uhr ins Bett. Deswegen haben wir es ruhig angehen lassen und sind erst gegen 7 Uhr aufgebrochen. Gleich am ersten Platz sah es super aus. Strecke mit 4 Mann durchgegangen, Fisch gesehen, vorsichtige Bisse registriert und einen 50 Meter Steingürtel als Hotspot identifiziert. Nach einer Stunde haben Jesper und ich entschneidert. Ich hatte Glück und konnte mit 50 cm u 55 cm gleich zwei gute Fische ans Band bekommen. Damit war für mich der Druck raus. Leo hatte seinen ersten Fliegenbiss einer Meerforelle. Spinnfischer Anhieb sei Dank war der auch gleich wieder weg. An dieser Stelle nochmal schriftlich, Leo: Strip Strike! Alles andere taugt an der Küste nix. Aber das Vertrauen war bei Leo dann auch gleich da, und ohne Vertrauen geht an der Küste nichts. Zumindest macht es sonst keinen Spaß.

Nach zwei Stunden ohne nennenswerte Aktion entschieden wir, bis zur Dämmerung am Platz zu bleiben. Abends ziehen die Fische näher ans Ufer und werden aktiver. Und Fische hatten wir immer wieder gesehen. Dies war eine prima Entscheidung, denn zwischen Jesper und mir raubten Forellen. Jesper konnte sofort 2 Mittfünziger verhaften, bei mir blieb leider nur ein Hering hängen. Beim Einstrippen des Herings ging auch noch eine Forelle hinterher, also war richtig Alarm. Jesper hat dann Leo geholt und zwischen uns ins Wasser geschickt. Ich möchte Leos Post nicht vorgreifen und erwähne deswegen an dieser Stelle nur, dass das eine sehr sehr gute Idee war.

Abends gab es Chili con Carne und Bier, zum Nachtisch etwas Whiskey und Snus. Snus ist besonders wichtig an der Küste und in Lappland, aber dazu ein andern Mal mehr. Da unsere Erfolge von einigen Spinnfischern beobachtet wurden, die alle übelst geschneidert haben, wollten wir für den nächsten Tag einen neuen Spot ausprobieren, da mit große Andrang zu rechnen war. Ein militärisches Sperrgebiet, für das wir nach mehreren Anrufen von Jesper beim Standort-Kommandanten eine Ausnahme-Genehmigung bekommen haben. Was will man mehr: Ein privater Küstenspot an einem Samstag. Mutterseelenallein haben wir gleich morgens alle Standfische verhaftet. Nach 6 Fischen an zwei Riffen für 4 Mann war dann aber auch Schluss, so dass Stellenwechsel angesagt war. Aber immerhin alle entschneidert, besonders bei Leo als MeFo-Frischling war die Freude zu Recht sehr groß. Merke: Nicht alle Secret Spots sind der totale Knaller. Aber ein büschn Knaller war der Spot dann doch.

Am nächsten Spot war Genusswaten auf Sandbänken angesagt. Jesper und ich waren happy, nach 1,5 Tagen Riff-Parking endlich mal Strecke machen zu können. Nach 400 Meter haben Jesper und ich einen Schwarm gefunden und auf die Schnelle 3 Fische verhaften können. Zitat Jesper: „Schön, dass die Fische um die 40 cm sind. Da wird man nicht nervös, sondern kann es richtig genießen“.

Abends Hot Dogs, wir sind in Dänemark, dazu zur Abwechslung Bier mit Whiskey. Dazu Snus, eine ausgewogene Diät ist wichtig, um bei Laune zu bleiben.

Am nächsten Morgen wollten wir ein paar Stunden fischen und dann die Heimreise antreten. Dankenswerterweise sollte der Wind über den Tag auffrischen und ab Mittags die Fischerei sowieso stark erschweren. Um 8 Uhr nach Aufräumen der Hütte waren wir am Wasser. Morgens fischt man nicht auf ziehende Fische, sondern klopft kleine Riffe auf Fische ab, die sich dort über Nacht eingestellt haben. Also haben wir uns verteilt, und bei mir ging es nach 15 Minuten auf einmal schwer einzustrippen. Sehr sehr schwer sogar, denn da war Fisch dran. Irgendwie hatte ich den Biss komplett verschlafen, erst der erste Sprung hat mich so richtig aufgeweckt. Der Drill war aufregend, denn mir war klar, dass das der beste Fisch der Saison werden würde. Und so kam es dann auch: 62 cm und fett. Kein Gigant, aber eine richtig gute Meerforelle für einen Touristen mit ein paar Fischtagen an der Küste im Jahr.

Leo kam dann wenig später dazu und da ich den echten Hotspot des Riffs noch nicht abgefischt hatte, weil ich meine Fisch genießen musste, habe ich ihn gleich an den besten Platz gelotst. 5 Würfe später hatte Leo Fisch, aber leider war der trotz korrektem Strip Strike nach ein paar Sekunden wieder weg.

Der auffrischende Wind war Signal zur Heimreise und kaum 8 Stunden später waren wir wieder in Berlin. Und am nächsten Tag gab es in Olivenöl gebratene MeFo-Filets mit geschmorten Zwiebeln, Karotten und ein Schuß Honig im Gemüse (Tapas-Style). Ohne Bier, aber mit schönen Erinnerungen an eine gelungene Tour.