Boddenhecht beim WatangelnKeine 24 Stunden ist es her, da stand ich noch bis über den Bauchnabel im Wasser und peitschte meine Baits gen Wind und Wellen. Mich hatte es am vergangenen Wochenende auf die Insel Rügen gezogen, um den Sommerhechten beim Watangeln nachzustellen.
„Spontan“ ist wohl ein passender Begriff, wenn man am Freitag kurzentschlossen seine Angelrute und das Nötigste für einen Angelwochenende in den Bulli verstaut und sich kurze Zeit später auf der Autobahn gen Norden befindet. Mein Ziel war die Insel Rügen bzw. der Norden von Rügen, wo wir bereits mit Leo und Sander vergangenen Herbst tolle Fische beim Watangeln stellen konnten.

Gut 350 Kilometer später erreichte ich mein Ziel. Es war etwa 20 Uhr als ich mich schnell noch in meine Wathose pellte, um noch im Anblick der untergehenden Sonne ein paar Würfe zu machen. Natürlich wollte ich mich mir auch ein Bild über die vorherrschenden Bedingungen machen. Wie ist der Wasserstand ? Wie klar oder trüb ist das Wasser ? Wie hoch steht das Kraut ?
Leider verflog die Zeit schneller als gedacht und als es langsam dunkel wurde, beendete ich meine kurze Session und machte mich an die Tackle-Planung für den kommenden Tag.

Am nächsten Tag klingelte der Wetter um 5.15 Uhr und keine 20 Minuten später stand ich bereits wieder im Wasser, um mit der aufgehenden Sonne die gezielte Jagd auf Mr. Esox zu beginnen.
Vor mir lag eine riesige Wasserfläche die durchkämmt werden wollte. Doch anders als wenn man in einer Gruppe ein Gewässer nach Fisch absucht, ist es allein doch schon eine ganz andere Herausforderung! Und mit „allein“ meine ich auch „allein“, „ganz allein“! Ich war wirklich der einzige Angler vor Ort. Sollte dies mir zu denken geben? Vereinzelt kamen Zweifel auf, welche aber schnell wieder durch „Hab ich Bock“, „Ich will angeln“, „Auf geht’s!“ und „Wo bist du Mr. Esox ?“ abgelöst wurden.

Vom Vortag wusste ich, dass man ziemlich weit rauswaten musste, um in den jeweils unterschiedlichen Wassertiefen angeln zu können. Direkt vorm Schilf erstreckte sich ein weiter Bereich mit etwa einer Wassertiefe von 20-50cm. Der mittlere Bereich hatte eine Wassertiefe 50-80cm, um dann bis zu einer Tiefe von 110m über zugehen. Mit einer Körpergröße von stolzen 1,70m hier ist hier dann auch Schluss für mich :).
Ich fing also an dass Wasser in Form eines Z zu durchpflügen. Ja richtig gelesen, ein Z!

Es ging also los – laufen wir ein Z ins Wasser…

Erst unten am Schilf entlang, einmal quer durch’s Mittelwasser und wieder entlang dem tieferen Bereich. Ich versuchte dabei, mit jedem „Strich“ genauso viel Zeit und Wasserfläche zu beackern. Ich bildete mir dabei ein, so optimal das Wasser zu beangeln und schnell heraus zu finden, wo der Fisch steht.
Lange Zeit tat sich nicht’s und meine tief vergrabenen Zweifel kamen wieder langsam mir in den Sinn. Doch auf einmal, dann doch – Biss!!! Meinen ersten Hecht konnte ich weit draußen fangen! Kein Großer, aber da geht ja doch was ;).

Nach mehreren Stunden machte ich mich wieder in Richtung Einstieg auf, um die erste Session zu beenden. Sehr ernüchternd bis hierher…
Beim Einstieg war ein kleiner Einlauf, der das Wasser sehr stark eintrübte. Also eigentlich war das Wasser pechschwarz und stank gewaltig nach faulen Schlamm. Ich wagte dennoch einen Wurf. Als ich meinen Köder vor meinen Füßen aus dem Wasser hob, „sprang“ ein kleiner 60 cm Hecht hinterher und versetzte mir einen unglaublichen Schrecken. Aus der schwarzen Brühe – mir entgegen!!! Ich glaub ich habe kurz gekreischt bzw. laut aufgeschrien. Aber Gott sei Dank war ich ja der einzige Angler vor Ort 😉
Als das Adrenalin langsam nach lies, wagte ich noch ein paar Würfe und siehe da – ich bekam weitere Attacken. Direkt vorm Schilf, direkt vorm Einstieg (und ich lauf Z’s durch Wasser, tze :/), in 30 cm Wassertiefe! Doch hängen blieb keiner – also beendete ich meine Session.

Mich wurmte die ganze Zeit, dass ich keine Hakenlöser-Zange dabei hatte. Wenn man beim waten einen Hecht fängt, der den Bait voll inhaliert hat, kann das lösen des Haken ohne Zang ein ziemlich schwieriges Unterfangen werden. Also machte ich mich auf, den benachbarten Angelladen einen Besuch abzustatten. Catch with care!
Zu meinem große entsetzen, waren jegliche Zangen ausverkauft. „Montag wieder, kommen Sie Montag wieder, dann haben wir wieder welche!“ begründete der Verkäufer seine Missstände im Tackle-Sortiment. Also ab in Baumarkt, vielleicht gibt es ja dort was passendes für mich. Der Baumarkt war kein richtiger Baumarkt und Zangen hatte er auch keine passende. Also ab nach Prora, zu “ Wolfgang’s Fundgrube“. Nicht dass was ich erwartet habe, ab immerhin wurde ich fündig. Schnell noch ein paar Köder (Daiwa Duckfin Shad) ins Körpchen und ab ging es wieder zurück ans ins Wasser.

Bei meiner zweiten Session konzentrierte ich mich stärker auf den Flachwasserbereich. Mein Köder sammelte dabei aber immer wieder viel Kraut ein. Zwischen Kraut und Oberflächen war manchmal nur 5 bis max. 10cm Platz. Nach ein bisschen rumprobieren hatte ich aber schnell den Dreh raus. Je weiter ich warf, desto „tiefer“ lief auch mein Köder. Also machte ich nur noch Würfe um die 5-10m und richtete mein Rute sofort in die 12 Uhr Position. Damit beschleunigte der Bait bereits nach dem aufkommen im Wasser und die kurze Distanz erlaubte es mir auch den Bait direkt an der Oberfläche zu führen. Kurze Zeit später hing so auch schon der nächste Krauthecht. Wieder kein großer, aber immerhin Fisch.
Leider blieb es auch bei diesem Fisch und ich entschloss mich, den Abend bei einem wunderschönen Sonnenuntergang ausklingen zu lassen.

Sonnenuntergang am Strand

Am nächsten Tag drehte der Wind von Süd-Ost auf West. Ich entschloss mich daher für eine letzte Session den Spot zu wechseln. Dank Windfinder und Google-Maps fand ich so eine schöne neue Watstrecke, die auflandigen Wind hatte. Der Wind hatte allerdings auch ordentlich zugelegt und peitschte die Wellen nur so auf.

Es ging deutlich schneller ins Tiefe. Der Boden war sandig mit teilweise großen Krautbänken. Es roch förmlich nach Fisch!
Kurze Zeit später war mein Rute auch schon krum. Endlich konnte ich einen stattlichen Boddenhecht von gut 70cm verhaften. Keine 10 Minuten und 50 Meter weiter hing auch schon der nächste Hecht von gut 75cm. Beide Hechte standen gut „im Saft“ und lieferten jeweils einen wunderbaren Drill.

Boddenhecht beim Watangeln
Als nichts mehr ging und ich auch schon ordentlich Strecke gemacht habe, machte ich mich wieder auf die Rücktour auf. Diesmal hatte ich den Wind direkt von vorne (auf der Hintour kehrte ich dem Wind den Rücken zu). Ich musste von nun an deutlich mehr Kraft aufbringen, um meinen Köder gen Windstärke 5 zu befördern. Nach einiger Zeit merkte ich es stark im Rücken und in der Schulter. Angeln ist eben doch ein Sport 😉

Am Nachmittag machte ich mich wieder auf in Richtung Heimat – Berlin ich komme!
Für mich war es ein sehr gelungenes Wochenende. Manchmal zahlt sich Spontanität aus und so kann aus ein paar Tagen Angeln auch ein kleiner Urlaub werden. Auch wenn ich dabei komplett allein war, genoss ich es sehr für mich zu sein und immer das Ziel vor den Augen zu fokussieren.
Witzig ist dabei auch, dass ich wohl über das ganze Wochenende nur ein paar Sätze laut gesprochen haben. Neben dem leichten Kreischanfall, gab es so nur ein „Wo finde ich Hakenlöser-Zangen?„, „Danke!„, „Einen Kaffee zum Mitnehmen, bitte?
Die nächste Wattour ist natürlich schon in der Planung. Und so heißt es hoffentlich schon bald wieder – Rute hoch, der Spaß beginnt!

Petri!